Die Tropfsteinhöhle: ein lebendiges Wissenschaftslabor

Wenn Sie die Höhle durchqueren, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Sie auf folgende Menschen stoßen: einen Geologen, der damit beschäftigt ist, einen Stalagmiten durchzubohren, einen Höhlenforscher, der von einer Erkundung in den weniger bekannten Galerien der Höhle zurückkehrt, oder sogar einen Taucherarchäologe, der zwischen den Unterwasserausgrabungen seinen Kopf aus dem Wasser streckt.

Die Tropfsteinhöhle, das Gedächtnis der Zeit

Die Höhle ist ein lebendes Labor. Eine andere, mysteriöse Welt, deren Geheimnisse nach und nach nur denen offenbart werden, die den Mut und die Geduld haben, unermüdlich zu suchen. Eine Welt, die uns viel beibringen kann, über die Vergangenheit, aber auch über die Zukunft, die Entwicklung des Klimas, Wasser, Gesteine, Lebewesen.

Wussten Sie, dass jede Konkretion, Stalaktit oder Stalagmit, die gesamte Geschichte der Welt in sich trägt, vom ersten Tropfen an, der sie geformt hat? Geschichte des Klimas, der Fauna und Flora, der menschlichen Aktivität: Durch die Wassertropfen, die den Felsen durchquert haben, um schließlich zu verdunsten und ihre Kalkablagerungen hinter zulassen, bewahrt die Konkretion all diese Erinnerungen auf kostbare Weise in sich.

Aber wie ist die Tropfsteinhöhle denn entstanden?

Wussten Sie, dass Kalkstein, das Grundmaterial der Höhle, aus Unterwasserfossilien gebildet wird? Unsere Region war einst von einem tropischen Meer bedeckt. Wie ist dieses Meer den typischen Felsfalten der Region gewichen? Wie und wann konnte der Fluss in den Hügel eindringen? Wie entwickelt sich die Höhle heute? All diese Fragen und viele andere sind Gegenstand aktiver Forschung von Geologen der Universität Mons e.a.

Durch die Analyse von Kernbohrungen in Konkretionen können Forscher der Universität Mons und des Instituts für Naturwissenschaften Schlüsselmomente der Weltgeschichte nachvollziehen und wertvolle Lehren daraus ziehen. So hat die Analyse des Proserpina-Stalagmits im Dom-Saal es ermöglicht, die Geschichte der letzten 2.000 Jahre nachzuvollziehen, u.a. die Kleine Eiszeit Ende des 17. Jahrhunderts, und in jüngerer Zeit, als der Mensch in den 1980er Jahren aufhörte, Blei in Kraftstoffen zu verwenden.

Die Rolle des Wassers

Die Tropfsteinhöhle von Han ist die Frucht des Wassers: Regen- und Flusswasser. Die Erforschung der unterirdischen Wasserströmungen ist Gegenstand der Hydrogeologie, einer äußerst komplexen Wissenschaft, die Geologie und Hydrologie verbindet, aber auch anderer Disziplinen wie Physik, Chemie oder Biologie.

Wenn Sie in der Lesse fluoreszierende grüne Wolken sehen, wundern Sie sich nicht: Die Hydrogeologen der Universität Namur sind damit beschäftigt, den Lauf der Lesse zu verfolgen. Wo fließt der Fluss hin, welche Flussverzweigung gibt es, wie lange ist seine Strecke, wie hoch ist die Durchflussmenge?

Das Leben in der Höhle

Kann man dauerhaft in völliger Dunkelheit und konstant hoher Luftfeuchtigkeit leben? Ja, einige Arten (Fische, Krebstiere, Insekten oder Reptilien) haben sich vollständig an die besondere Umgebung der unterirdischen Welt angepasst und leben dort das ganze Jahr über. Andere Arten verbringen dort regelmäßig bestimmte Lebensphasen. So überwintern bestimmte Fledermausarten und halten sich dort regelmäßig auf, ernähren sich aber draußen.

Die Erforschung dieser Höhlenorganismen wird als „Biospeologie“ bezeichnet. Unter anderem untersucht sie, wie sich die Morphologie und die Sinne dieser Organismen angepasst haben, um in dieser ganz besonderen Umgebung überleben zu können.

Erkundung geht weiter...

Der Höhlenforscher, der eine neue Höhle, eine neue Galerie entdeckt, wird „der Erfinder“ genannt. Indem er die Höhle für die Welt öffnet, erschafft er sie irgendwie.

Das System der Tropfsteinhöhlen von Han befindet sich in ständiger Entwicklung. Das Massiv von Boine ist wie ein Schweizer Käse voller Löcher und Galerien. Bereits mehr als 14 km Säle und Galerien wurden entdeckt, der Verlauf der Lesse wurde vollständig identifiziert (zweimal auf Kosten des Lebens des Tauchers). Heute gehen die Erkundungen weiter, mehrere Höhlenvereine sind regelmäßig vor Ort aktiv. Nicht später als 2019 gelang es Höhlenforschern, die Verbindung zwischen dem unterirdischen Lesse-System (1972 entdeckt) und dem südlichen Höhlensystem (1959 entdeckt) zu finden.

Die Spuren der Menschen in der Höhle

Seit mindestens 10.000 Jahren und bis heute hat die Höhle Menschen vorbeigehen sehen: Bevor sie zu einer Touristenattraktion wurde, diente die Grotte als Zufluchtsort vor extremer Kälte, vor Krieg oder äußerer Gewalt, als Räuberhöhle, aber auch als Kult- und Wallfahrtsort.

Durch das Auffinden von menschlichen Gegenständen, durch deren Lokalisierung und Datierung können die Taucher-Archäologen des Flussarchäologisches Forschungszentrums das Vorhandensein von Menschen in der Grotte nachzeichnen. Bereits mehr als 4.000 archäologische Objekte wurden vom Grund der Lesse heraufgeholt, und die Ausgrabungen gehen weiter. Die schönsten Objekte werden im Museum PrehistoHan ausgestellt, das jedem Besucher mit einem Ticket der Domäne zugänglich ist.

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